Statement von Ministerpräsident Stephan Weil im Anschluss an die MPK und den Besprechungen mit dem Bundeskanzler - 15. Juni 2023
Ministerpräsident Stephan Weil am 15. Juni 2023:
"Viele für die Menschen in Deutschland wichtige Themen standen heute auf der Tagesordnung der Ministerpräsidentenkonferenz mit dem Bundeskanzler und Teilen der Bundesregierung: Energie und Klimawandel, Transformation und Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie der Stromnetze, die dringend notwendige Planungsbeschleunigung in vielen Bereichen sowie darüber hinaus die großen Themen Flüchtlingspolitik, Krieg in der Ukraine und Nationale Sicherheitsstrategie und Digitalisierung. Auch wenn nicht zu allen Themen Beschlüsse gefasst wurden, war es sehr sinnvoll, dass sich Bund und Länder noch einmal über wesentliche aktuelle Herausforderungen ausgetauscht haben. Einig waren wir uns aber auch, dass es höchste Zeit ist, in den verschiedenen Bereichen auch wirklich gemeinsam voranzukommen.
Besonders dringlich ist dies aus meiner Sicht und vieler anderer Länderchefinnen und -chefs im Bereich der energieintensiven Industrie sowie der kleinen und mittleren Unternehmen mit hohem Energiebedarf. Sie brauchen faire Wettbewerbsbedingungen, also bezahlbare Strompreise, um besonders im internationalen Konkurrenzkampf bestehen zu können. Niedersachsen hat schon vor einigen Monaten einen Vorschlag für einen auf 7 Cent pro Kilowattstunde gedeckelten Transformationsstrompreis unterbreitet. Einen ähnlichen Impuls gab es auch aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Wir dürfen hier meines Erachtens keine Zeit mehr verlieren, sonst droht Deutschland ein massiver Substanz- und vor allem auch Arbeitsplatzverlust – es zeichnet sich ab, dass auch viele Unternehmen abwandern könnten, die wir dringend zur Verwirklichung der Energiewende benötigen. Das können und dürfen wir nicht zulassen!
Dazu gehört auch eine faire Verteilung der Netzentgelte. Derzeit sind die Netzentgelte für die Verteilnetze vor allem in denjenigen Regionen sehr hoch, die bereits einen hohen Ausbau an Erneuerbaren Energien haben. Zusammen mit einigen Nord- und Ostländern habe ich mich auf der heutigen MPK für eine faire bundesweite Verteilung der durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien bedingten Netzausbaukosten eingesetzt. Es darf nicht länger sein, dass die Stromverbraucherinnen und -verbraucher in Regionen, die den Ausbau der Erneuerbaren vorantreiben, finanziell schlechter gestellt werden.
Ich begrüße es ausdrücklich, dass wir uns heute mit dem Bund auf ein enges, ungeschminktes Monitoring des Ausbaus der Erneuerbaren Energien, der Strom- und Wasserstoffnetze sowie der wasserstoffgeeigneten Kraftwerke geeinigt haben. Bund und Länder werden die bestehenden Monitoringprozesse datenbankbasiert um weitere operative Kennzahlen wie erteilte Genehmigungen, Flächenausweisungen und Zubauzahlen ausweiten. Dann kann schneller auf etwaige Verzögerungen reagiert, gegebenenfalls nachgesteuert und so ein Erreichen der ambitionierten Klimaziele sichergestellt werden.
Wir können es uns nicht länger leisten, dass jedes mittelgroße Infrastrukturvorhaben zu einer Generationenaufgabe mutiert. Ich habe die Bundesregierung deshalb heute noch mal ausdrücklich aufgefordert, in Sachen 'Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung' endlich von der Bremse zu gehen und Tempo zu machen – die Länder stehen bereit, der Bund ist am Zug! Der Bau der LNG-Terminals hat gezeigt, wie es gehen kann. Diese Beschleunigung gilt es jetzt auf andere Infrastrukturvorhaben wie z.B. Bahnstrecken oder Ersatzbauten (Stichwort: marode Brücken) zu übertragen. Wir müssen schneller, einfacher und damit auch billiger werden. In der Sache sind wir uns einig, aber wir müssen jetzt zügig auch mal zu weiteren Ergebnissen kommen.
Zu der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu den Flüchtlingskosten gab es heute wie vereinbart zunächst nur einen Zwischenbericht. Die Länder sind nach wie vor der Überzeugung, dass man zu einem atmenden System kommen muss, bei dem Bund und Länder bei steigenden Flüchtlingszahlen automatisch höhere Finanzleistungen erbringen müssen, bei sinkenden Zahlen entsprechend auch weniger. Entscheidungen werden in diesem Punkt jedoch erst im Herbst getroffen.
Im Hinblick auf die Einigung der EU-Innenministerinnen und Innenminister gab es heute Rückenwind von den Ländern. Es ist wichtig, dass europäische Probleme auch europäisch gelöst werden. Dies kann auf nationalstaatlicher Ebene nicht gelingen - das haben die letzten Jahre sehr deutlich gezeigt. Klar ist: Die Einigung ist der erste und längst nicht der letzte Schritt - viele weitere müssen Folgen und wichtige Fragen noch gelöst werden. Ich möchte eine humanitäre, rechtsstaatliche Flüchtlings- und Asylpolitik mit einer gerechten europäischen Verteilung, die insbesondere auch die elenden und furchtbaren Zustände am und im Mittelmeer beendet.
Die Bundesregierung hat heute zugesagt, dass das Thema Nationale Sicherheitsstrategie jetzt doch engagiert mit den Innenministerien der Länder weiterbearbeitet und konkretisiert werden wird. Diese große Aufgabe kann nur von Bund und Ländern gemeinsam bewältigt werden."