Statement von Ministerpräsident Stephan Weil im Anschluss an die MPK - 16. März 2023
Ministerpräsident Stephan Weil am 16. März 2023:
"Das war heute endlich einmal wieder eine Routine-MPK. Wir haben wichtige Themen besprochen und waren uns über die Parteigrenzen hinweg weitestgehend einig.
Das galt insbesondere für den Bereich Energieversorgung und Energiepreise. Hier benötigen die Stadtwerke eine bessere und langfristige Unterstützung, wenn sie sich über einen längeren Zeitraum große Mengen Energie beschaffen. Auch und gerade die kommunalen Energieversorger müssen weiter handlungsfähig bleiben.
Ein Thema treibt alle 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten ganz besonders um: die Situation der energieintensiven Industrie. Viele Unternehmen sind in großer Sorge wegen der Gefährdung ihrer Wettbewerbsfähigkeit. In der Konkurrenz mit anderen Unternehmen auf dem Weltmarkt sehen sie sich derzeit aufgrund der hohen Energiepreise und den gleichzeitig notwendigen Investitionen für die Transformation deutlich im Nachteil. Die Länder sind sich einig, dass ein wettbewerbsfähiger Industriestrompreis nötig ist, um wichtige Grundstoffindustrien, die damit verbundenen Wertschöpfungsketten und Arbeitsplätze in unserem Land zu unterstützen. Auch bei der Ansiedlung von Zukunftsindustrien darf Deutschland nicht den Anschluss verlieren. Ein guter Teil des gesellschaftlichen Wohlstands hängt davon ab, dass Deutschland ein erfolgreiches Industrieland bleibt – das dürfen wir nicht aufs Spiel setzen. Wir bitten deshalb die Bundesregierung, möglichst rasch Vorschläge für die Sicherung des Industriestandorts Deutschland vorzulegen.
Der ‚Pakt für Beschleunigung‘ bedarf dringend selbst der Beschleunigung – hier ist der Bund am Zug. Der Versorgungsschock im letzten Jahr hat dazu geführt, dass auf einmal Planungs- und Genehmigungsverfahren so schnell möglich wurden, wie man es sich kaum je hätte vorstellen können. Planung und Bau eines LNG-Terminals in nur acht Monaten in Deutschland, das hätte zuvor unsere Fantasie gesprengt – es war in dieser besonderen Lage aber möglich und nötig. Jetzt lässt die Schockwirkung offensichtlich nach und alte Beharrungskräfte kehren zurück. Vielfältige Fachinteressen werden in der Gesellschaft und in den Regierungen auf Bundes- und auf Länderebene geltend gemacht. Das dürfen wir nicht zulassen. Wir sind zu kompliziert und zu langsam, wir müssen einfacher und schneller werden – und dabei haben wir keine Zeit zu verlieren. Wir brauchen Tempo beim Ausbau der Infrastruktur, der Erneuerbaren Energien und in vielen anderen Bereichen. Die Länderchefinnen und Länderchefs stehen allesamt in der Fankurve einer konsequenten Beschleunigung und bieten dem Bund eine engagierte Zusammenarbeit an.
Was die Finanzierung der Unterbringung und Versorgung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern anbelangt, brauchen wir eine dauerhafte faire, verlässliche und dynamische Verteilung der finanziellen Lasten. Die Zugangszahlen im Asylbereich sind vor dem Hintergrund der enormen Krisen in vielen Teilen der Welt in den letzten Monaten um 76 Prozent gegenüber dem letzten Jahr gestiegen. Auch aus der Ukraine kommen nach wie vor tagtäglich viele Menschen zu uns. Hier übernimmt der Bund zwar nach einer gewissen Zeit die SGB-II-Leistungen, aber auch für diese Geflüchteten müssen Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen vorgehalten werden. Außerdem übernehmen die Kommunen auch bei den Ukrainerinnen und Ukrainern dauerhaft rund 30 Prozent der Kosten der Unterbringung.
Insgesamt stellen die hohen Zuzugszahlen eine große Belastung für die Kommunen dar; wir müssen sie nicht nur in organisatorischer Hinsicht, sondern vor allen Dingen auch in finanzieller Hinsicht unterstützen. Der Bund muss sich hier deutlich stärker mit engagieren, als bislang. Die Kommunen benötigen dringend mehr Unterstützung bei den Vorhaltekosten für Unterkunftsplätze. Niemand von uns kann wollen, dass die Kommunen immer wieder auf Turnhallen zurückgreifen müssen, weil sie keine Mittel haben, um längerfristig nutzbare, geeignete Liegenschaften für die Unterbringung von Geflüchteten vorzuhalten.
Diese ganze Diskussion muss am 10. Mai 2023 bei der gemeinsamen Ministerpräsidentenkonferenz mit dem Bund geführt werden, dann mit hoffentlich sehr konkreten und für alle Seiten zufriedenstellenden Ergebnissen. Am Ende des Tages wäre es richtig, wenn sich Bund und Länder dauerhaft die Kosten teilen würden."