Königreich/Provinz Hannover
1814 nahm Georg III., König von Großbritannien und Kurfürst von Hannover, einen neuen Titel an: König von Hannover. Im folgenden Jahr erweiterte der Wiener Kongress das neue Königreich erheblich. Zu den altwelfischen Landesteilen kamen Hildesheim, Osnabrück, das Emsland und Ostfriesland. Die Reformen der Zeit vollzog Hannover später als Preußen, aber mit besserem Erfolg. Die Ablösung der überkommenen Feudallasten wurde den Bauern nicht schwer und entschädigte den Adel vollständig. Allerdings war diesem nicht gestattet, die Ablösungseinnahmen in Industrieunternehmen zu investieren. Die Industrialisierung wuchs seit der Jahrhundertmitte aus ganz unterschiedlichen Wurzeln; zu einer eigentlichen Industrieregion verdichteten sich die Unternehmen jedoch nur in Hannover und Umgebung.
1833 erhielt das Köngreich Hannover eine vergleichsweise moderne Verfassung. Als aber der hochkonservative König Ernst August 1837 die Regierung antrat, erklärte er sie für nichtig. Dagegen protestierten sieben Göttinger Professoren, die sogenannten Göttinger Sieben, unter ihnen die Brüder Grimm, die deshalb des Amtes enthoben wurden. Die öffentliche Meinung in Deutschland reagierte mit Empörung. Das patriarchalische Regiment der neoabsolutistischen Könige schuf aber eine starke Bindung zum Adel und zur Landbevölkerung. Im deutschen Bundeskrieg von 1866 stellte Hannover sich gegen Preußen. Bei Langensalza streckte die hannoversche Armee — nach anfänglichem Erfolg — die Waffen; der König floh. Preußen annektierte das gesamte Königreich, das dadurch zur Provinz Hannover wurde.
1885 reformierte Berlin die hannoversche Verwaltung nach altpreußischem Vorbild. In Aurich, Hannover, Hildesheim, Lüneburg, Osnabrück und Stade wurden an Stelle der Landdrosteien Regierungspräsidien eingerichtet, die Landkreise zu Organen der kommunalen Selbstverwaltung ausgestaltet. Als Folge der Annexion von 1866 formierte sich mit der Politisierung der Gesellschaft eine starke welfische Bewegung, die gegen Bismarcks Politik bzw. gegen Preußen überhaupt opponierte. Während die Verwaltungsstrukturen, die 1885 geschaffen worden waren, den 1. Weltkrieg ohne große Einschnitte überdauerten, veränderte sich die politische Szene nachhaltig. Eine Vorabstimmung über die Wiederherstellung Hannovers als eigenes Land scheiterte 1924: ein Zeichen für den Niedergang der welfischen Deutsch-hannoverschen Partei.
Als sich Ende der 20er Jahre die Krise der Landwirtschaft verstärkte, öffneten sich vor allem die agrarisch geprägten Gegenden der politischen Radikalisierung. Die Wahlergebnisse der Nationalsozialisten lagen in der Provinz Hannover über dem Durchschnitt des Reiches. Im März 1933 stimmten 50,6% der Wähler in den Wahlkreisen Osthannover und Südhannover-Braunschweig für die NSDAP.
Nach der nationalsozialistischen "Machtergreifung" übertrug deren Führung einigen hannoverschen Orten Funktionen ihrer durch die "Blut-und-Boden-Ideologie" geprägten Bauernpolitik. Goslar wurde "Reichsbauernstadt", Celle erhielt das "Reichserbhofgericht"; auf dem Bückeberg bei Hameln fand jährlich das "Reichserntedankfest" statt. Die Kehrseite der so zelebrierten Volksgemeinschaft zeigte sich in unmenschlichen Verfolgungen. Unter den Konzentrationslagern der Provinz Hannover wurde vor allem das Lager in Bergen-Belsen zum Symbol der Vernichtung.
Die wirtschaftliche Entwicklung Hannovers in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts führte zur Konzentration in wichtigen Industrien. Der bedeutende Kalibergbau hatte es schwer, sich nach 1918 auf dem Weltmarkt zu behaupten. Große Anstrengungen wurden in der Landwirtschaft unternommen, um die Produktion den geänderten Bedingungen anzupassen. Gerade hier waren Strukturverbesserungen wie weit angelegte Meliorationen und Ödlandkultivierungen möglich. Große Anstrengungen richteten sich auf den Ausbau der Infrastruktur: durch die Autobahnen, typischer aber durch Kanalprojekte: den Mittellandkanal z. B. oder den Weser-Ems-Kanal.
Mit der Auflösung Preußens im August 1946 wurde die Provinz Hannover für kurze Zeit ein eigenes Land, das im November 1946 im Land Niedersachsen aufging.
Hannover: Portikus des Leineschlosses