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Rückblick auf das Weihnachtshochwasser 2023/2024 in Niedersachsen

Das Weihnachtshochwasser 2023/2024 war eine der schwersten Naturkatastrophen, die Niedersachsen je erlebt hat. Historische Niederschlagsmengen, landesweite Überschwemmungen und immense Schäden forderten alle verfügbaren Kräfte.

Ein Jahr nach diesem Ereignis zieht die Landesregierung Bilanz und erläutert welche Maßnahmen für eine bessere Vorsorge und Bewältigung zukünftiger Hochwasserereignisse ergriffen wurden.

Weihnachtshochwasser 2023: Ministerpräsident Stephan Weil bei Einsatzkräften in der Region Hannover Bildrechte: StK

Ministerpräsident Stephan Weil:

»Das ‚Weihnachtshochwasser 2023‘ war eine besondere Herausforderung, die wir vor allem dank des unermüdlichen Einsatzes von weit über 140.000 Helferinnen und Helfern angesichts der großen Gefahr alles in allem gut bewältigt haben.

Zur Erinnerung: Es wurden allein mehr als 10 Millionen Sandsäcke befüllt und viele davon über Menschenketten an die aufgeweichten Deiche transportiert. Es war eine beeindruckende Demonstration des Gemeinsinns bei uns In Niedersachsen.

Als Landesregierung haben wir kurzfristig mehr als 100 Millionen Euro für Soforthilfen, für die Beseitigung von Schäden und für Schutzmaßnahmen bereit gestellt. Zudem haben wir die Anstrengungen für den Hochwasserschutz trotz schwieriger Haushaltslage noch einmal deutlich verstärkt und investieren in kommenden Jahren Rekordsummen.

Allen sollte bewusst sein, dass aufgrund des Klimawandels extreme Wetterereignisse zunehmen werden und dafür Vorsorge getroffen werden muss. Das gilt für den Staat, aber auch für Bürgerinnen und Bürger.
Niedersachsen hat sich gemeinsam mit allen weiteren Bundesländern für eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden eingesetzt, leider hat sich der ehemalige Bundesjustizminister dem verweigert, so dass nun die neue Bundesregierung eine Regelung für diese wichtige Risikovorsorge schaffen muss.«

Das Hochwasserereignis: Eine beispiellose Herausforderung mit vielfältigen Schäden

Bereits am 21. Dezember 2023 warnte der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) vor einer landesweit kritischen Hochwasserlage.

Starke Niederschläge und gesättigte Böden führten dazu, dass Flüsse wie Weser, Aller, Leine und Oker über die Ufer traten. Bis zum Jahreswechsel wurden weite Teile Niedersachsens überflutet, darunter landwirtschaftliche Flächen, Straßen, Keller und ganze Wohngebiete.

Der Dezember 2023 verzeichnete mit durchschnittlich 155 Litern Regen pro Quadratmeter landesweit doppelt so viel Niederschlag wie üblich – an einigen Stellen wie Braunlage im Harz waren es sogar über 385 Liter. Die Kombination aus gesättigten Böden und intensiven Regenfällen schuf ein Hochwasserszenario, das selbst in erfahrenen Expertenkreisen als historisch bezeichnet wurde.

Die Zerstörungskraft des Hochwassers verursachte Schäden weit über 100 Millionen Euro, sei es an den Deichen oder an der öffentlichen Infrastruktur bis hin zu betroffenen Privathaushalten und Unternehmen. Darüber hinaus führte das Hochwasser regional zu einem deutlichen Verlust an landwirtschaftlichen Erträgen und beeinträchtigte die Lebensräume von Wildtieren erheblich. Die Beseitigung der Müllberge, die das Wasser mit sich führte, belasteten die Ressourcen des NLWKN zusätzlich.
Sandsäcke zur Befestigung Deich   Bildrechte: StK
28. Dezember 2023: Hochwassersituation an der Aller im Bereich Hodenhagen

Das Krisenmanagement: Frühzeitige Warnungen und koordinierte Maßnahmen

Die rechtzeitigen Hochwasservorhersagen des NLWKN ermöglichten es, frühzeitig Schutzmaßnahmen einzuleiten. Dank der präzisen Prognosen, die bereits am 20. Dezember veröffentlicht wurden, konnten Einsatzkräfte an den kritischsten Stellen positioniert und Schutzmaßnahmen wie Sandsackdämme errichtet werden.

Eine zentrale Rolle spielten die Harzer Talsperren. Mit einer gezielten Absenkung der Wasserstände konnte zusätzlicher Stauraum geschaffen werden, der Flutwellen abmilderte. Die Okertalsperre bewältigte drei große Hochwasserwellen und verhinderte durch eine Dämpfung der Flutwellen größere Überschwemmungen etwa in Braunschweig. Auch mobile Hochwasserschutzsysteme halfen, kritische Gebiete wie beispielsweise in Rinteln im Weserbergland zu sichern.

Über den Notfall-Monitor Niedersachsen, der zentralen Informationsseite der Landesregierung bei Krisen- und Notfallsituationen, wurden zudem fortlaufend Informationen sowie Vorsorgehinweise für die Bürgerinnen und Bürger bereitgestellt.

Die Hilfe für Betroffene: Schnelle und unbürokratische Unterstützung

Die Landesregierung stellte 111 Millionen Euro für Soforthilfen und langfristige Maßnahmen bereit.

Bereits in den ersten drei Monaten nach der Flut (bis März 2024) wurden rund 400.000 Euro an Soforthilfen an 330 Privathaushalte ausgezahlt, die durch das Hochwasser in akute Not geraten waren. Die mit Abstand meisten Anträge wurden dabei im Landkreis Celle bewilligt.

Die Soforthilfe betrug mindestens 1.000 Euro und maximal 2.500 Euro je Haushalt, wenn ein Gesamtschaden von voraussichtlich mindestens 5.000 Euro entstanden ist.

Insgesamt wurden mittlerweile über 430 Anträge mit einem Volumen von mehr als 500.000 Euro an Soforthilfe bewilligt.

Die Unterstützung für Privathaushalte wurde im weiteren Verlauf des Jahres durch eine finanzielle Hilfe ergänzt, nach denen Eigentümerinnen und Eigentümer sowie Mieterinnen und Mieter bei der Instandsetzung von Wohngebäuden und der Erneuerung von Hausrat unterstützt werden sollen. Von den 200 Anträgen (beispielhaft mit beschädigten Hofeinfahrten, die über kleine Bäche, Beeken gehen) wurden bislang rund 140 bewilligt und knapp 1 Millionen ausgezahlt. Während die Antragsfrist bereits ausgelaufen ist, laufen die Bewilligungen derzeit noch.

Darüber hinaus wurden Förderprogramme für landwirtschaftliche Betriebe (Volumen 6 Millionen Euro) und Unternehmen (Volumen 3,3 Millionen) auf den Weg gebracht, um Überschwemmungs­schäden zu kompensieren.

Von Unternehmen gab es knapp 30 Anträge beispielsweise aufgrund von Schäden am Fuhrpark oder von Wassereinbrüchen in Lagerhallen, wovon 18 mit einem Volumen von rund 1,5 Millionen bewilligt wurden. In der Landwirtschaft waren Anträge bis September möglich, hier werden die ersten Bewilligungen in Kürze folgen. Die Auszahlungen dürften dabei etwa in der Größenordnung der bereitgestellten Mittel liegen.

Bei der Beseitigung von Schäden an der öffentlichen Infrastruktur unterstützt die Förderbank des Landes NBank die niedersächsischen Kommunen, Vereine und Verbände.

Insgesamt gingen bis Mitte Dezember rund 300 Anträge (Stand 17.12.2024) mit einem beantragten Zuschussvolumen von 45 Millionen Euro ein.

Die Kommunen haben 186 Anträge gestellt, davon werden in 40 Fällen die Mittel weitergeleitet beispielsweise an Sportvereine, deren Anlagen durch das Hochwasser beschädigt oder zerstört wurden. Die restlichen 117 Anträge wurden von Real-, Wasser- und Bodenverbände, Deich-, Unterhaltungs- und Zweckverbände gestellt.

Der Schwerpunkt bei den Schäden der öffentlichen Infrastruktur liegt im Tiefbau, beispielhaft genannt seien hier die aufwändige Prüfung und Instandsetzung von unterspülten Straßen und Brückenpfeilern:

  • 97 Anträge für Öffentliche Infrastruktur Tiefbau
  • 43 Anträge für Hochwasserschutzanlagen
  • 41 Anträge für Energiekosten für die Schöpfwerke
  • 38 Anträge für Freizeit- und Sportstätten
  • 28 Anträge für Öffentliche Infrastruktur Hochbau
  • 56 sonstige Anträge

Die Antragsfrist läuft noch bis zum 31. Dezember 2024. Es wurden bislang noch keine Bewilligungen ausgesprochen. Die Anträge befinden sich in der Prüfung und ggf. Unterlagennachforderung.

Die Lehren aus dem Weihnachtshochwasser: Verstärkter Hochwasserschutz und Klimaanpassung

Das Weihnachtshochwasser 2023/2024 war eine historische Herausforderung, die Niedersachsen dank des unermüdlichen Engagements von über 140.000 haupt- und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer sowie einer effizienten Koordination bewältigen konnte.

Die abschließende Auswertung der Einsatzlage dauert noch an. Im Rahmen dieser Auswertung wurden bereits in den Landkreisen und kreisfreien Städten (bei den unteren Katastrophenschutzbehörden) die qualitativen und quantitativen Bedarfe an Einsatzmitteln zur Hochwasserbekämpfung abgefragt.

Für den Katastrophenschutz in Niedersachsen generell werden durch das Land zusätzlich mobile Hochwasserschutzsysteme und Sandsackfüllmaschinen beschafft, die im Anschluss flächendeckend bei den Landkreisen und kreisfreien Städten bereitgestellt werden. Es handelt sich dabei um Landesausstattung, die vor Ort durch die untere Katastrophenschutzbehörde genutzt werden kann. Diese haben zusätzlich die Möglichkeit die guten Konditionen aus den Rahmenverträgen zu nutzen und entsprechend ihrer gemeldeten Bedarfe weitere Beschaffungen mit eigenen Haushaltsmitteln selbst vorzunehmen.


Die Ereignisse des Weihnachtshochwassers unterstreichen die Dringlichkeit, den Hochwasserschutz langfristig zu stärken. Auf Vorschlag der Landesregierung hat der Landtag beschlossen, die Investitionen in den Hochwasserschutz bis 2048 um 254 Millionen Euro (jährliche Aufstockung um 10,6 Mio.) zu erhöhen.

Bereits im Jahr 2024 stehen 43 Millionen Euro für mehr als 100 Hochwasserschutzprojekte bereit.

Zu den wichtigsten Maßnahmen gehören:

  • Deichverstärkungen und Rückdeichungen (natürliche Überschwemmungsauen wieder öffnen) in besonders gefährdeten Regionen.
  • Der Bau zusätzlicher Hochwasserrückhaltebecken wie an der Innerste bei Bornhausen.
  • Die Anschaffung mobiler Deichsysteme und Sandsackfüllmaschinen.
  • Eine verbesserte Hochwasservorhersage, die ab 2025 auch die Ems abdecken wird.
  • Ein zentraler Punkt ist zusätzlich die personelle Stärkung des NLWKN. Im kommenden Jahr sollen rund 30 zusätzliche Stellen geschaffen werden, um die Hochwasservorhersage und die Koordination von Schutzmaßnahmen zu verbessern. Bereits in diesem Jahr wurden rund 200 Stellen insbesondere beim Hochwasser- und Küstenschutz beim NLWKN entfristet.

Die Landesregierung geht zusammen mit zahlreichen Fachleuten davon aus, dass die Häufigkeit und Intensität solcher Hochwasserereignisse durch die Klimakrise weiter zunehmen wird. Daher setzt Niedersachsen nicht nur auf verstärkten Hochwasserschutz, sondern auch auf Klimaanpassung und -schutz.
Projekte wie die Renaturierung von Flüssen und die Wiederherstellung von Überschwemmungsflächen spielen dabei eine zentrale Rolle um den Hochwasserschutz für kommende Generationen zu sichern.



Zwischen Ausnahme und Alltag

Zwei Vergleichsbilder aus dem Raum Oldenburg:

Hunte am Hafen Oldenburg, Blick von Kanalstraße auf „Am Rundtörn“   Bildrechte: StK, M. Haase
Landschaftsschutzgebiet bei Oldenburg: Bäkental der Haaren, Putthaaren und Ofener Bäke einschließlich Teilbereiche des Wold   Bildrechte: StK, M. Haase
Tipps für verschiedene Notsituationen

In Deutschland und in ganz Europa erreichen Sie die Feuerwehr und den Rettungsdienst kostenfrei über die Rufnummer 112.
Sie können diese Nummer auch mit einem Mobiltelefon (mit SIM-Karte) kostenfrei erreichen.

Für die verschiedenen Notsituationen haben wir die wichtigsten Tipps vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katatstrophenhilfe zusammengestellt.

Warnung & Vorsorge

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe bietet umfassende Informationen sowie hilfreiche Tipps und Broschüren - wir haben für Sie einige der wichtigsten Seiten zusammengestellt:

Artikel-Informationen

erstellt am:
19.12.2024

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