Was bedeutet der Niedersächsische Weg für den Wald?
Bildrechte: ML/Tanja Wehr
"Der Niedersächsische Weg" als Zeichnung
Was bedeutet der „Niedersächsische Weg“ für den Wald?
Rund 1,2 Millionen Hektar (ha) und damit ein Viertel der Landesfläche umfasst der niedersächsische Wald. Mehr als 706.000 ha Wald (59 %) liegen in der Hand von Privatleuten, oft Landwirten und Forstgenossenschaften. 28 % sind Landeswald; dies entspricht knapp 336.000 ha. Rund 107.000 ha (8 %) sind Körperschaftswald, meist in der Hand von Städten, Gemeinden und Klosterforsten. Dem Bund schließlich gehören 5 % des niedersächsischen Waldes (etwa 55.000 ha). Niedersachsen ist geographisch und landschaftlich sehr vielgestaltig; entsprechend unterschiedlich sind seine Wälder. Im Harz dominieren Fichten, im Weserbergland Buchen und im Flachland Kiefern und Eichen.
Der Wald in Niedersachsen ist multifunktional. Neben der nachhaltigen Holzproduktion und damit der wirtschaftlichen Nutzung dient der Wald auch der Erholung und dem Schutz. Unter der Schutzfunktion werden vielfältige Aufgaben zusammengefasst, namentlich
- der Wasserschutz, da Waldböden auftreffendes Regenwasser filtern,
- Immissions- , Erosions-, Hochwasser-, Sicht- und Lärmschutz,
- der Klimaschutz durch Speicherung von Kohlenstoffdioxid sowie
- der Naturschutz durch die Bereitstellung von Lebensräumen für Flora und Fauna.
Der durch die Niedersächsischen Landesforsten (NLF) bewirtschaftete Landeswald nimmt auch im Hinblick auf den Naturschutz seit langem eine Vorbildfunktion ein. Schon 1991 wurde das Regierungsprogramm zur „Langfristigen Ökologischen Waldentwicklung“ (LÖWE) zur Leitlinie für das Handeln der Landesforsten. 13 wegweisende Grundsätze wurden formuliert, um eine ökologische Waldentwicklung zu gewährleisten, so u.a. eine standortgemäße Baumartenwahl, die Laub- und Mischwaldvermehrung, die Bevorzugung der natürlichen Waldverjüngung, die Erhaltung alter Bäume, der Schutz seltener und bedrohter Tier- und Pflanzenarten, der Aufbau eines Netzwerkes von Waldschutzgebieten und der ökologisch verträgliche Einsatz von Forsttechnik.
Nicht zuletzt aufgrund dieser frühzeitigen Weichenstellung zugunsten eines Waldbaus auf ökologischer Grundlage ist der Wald von hoher Bedeutung für den Erhalt der Biodiversität als vielgestaltiger, wertvoller Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Er stellt damit ein Vorbild für weite Teile des Offenlandes sowie auch Siedlungs- und Verkehrsflächen dar.
2017 wurde LÖWE zu LÖWE+ auf wissenschaftlicher Grundlage weiterentwickelt, indem neuere Erkenntnisse zum Klimawandel, zum Erhalt der Biodiversität sowie zum Boden- und Naturschutz stärker berücksichtigt werden. Unter anderem wurde der Umbau des Landeswaldes in artenreiche Mischwälder forciert und ein Laubbaumanteil von 65 % als Ziel formuliert. Ferner sollen Kahlschläge vermieden, der Anteil der natürlichen Waldgesellschaften und ökologischen Hotspots erhöht und die Wiedervernässung von Mooren im Wald vorangetrieben werden.
LÖWE-Programm als Orientierung für alle
Primärer Adressat des „Niedersächsischen Weges“ ist die Landwirtschaft, die mehr als die Hälfte der niedersächsischen Landesfläche bewirtschaftet und der damit eine besondere Bedeutung für den Umweltschutz zukommt. Darüber hinaus wurde aber erneut die vorbildliche Umsetzung des ökologischen Waldbaus durch die Niedersächsischen Landesforsten betont und ein breites Ziel- und Maßnahmenbündel zur Konkretisierung und Weiterentwicklung von LÖWE+ ins Auge gefasst. Die Tabelle zeigt, auf welche Ziele und Maßnahmen sich die Vertragspartner des „Niedersächsischen Weges“ mit Blick auf den Landeswald verständigt haben.
Ziele und einige Erläuterungen
Bereich
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Ziel
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Erläuterung
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Laubbäume
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65%
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unter Beachtung der Klimafolgenforschung
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Reinbestände
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Beschränken sich auf natürliche Waldgesellschaften.
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Alter
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Bestände über 100 Jahre
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Von aktuell 25% langfristig weiterentwickeln.
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Alter
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Bestände üb. 160 Jahre
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Anteil langfristig auf 10 % erhöhen.
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Totholz
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40 m3/ha
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durchschnittlich 40m3/ha auf allen NLF-Flächen inkl. NLP und NWE-Flächen
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Holzernte und Pflege
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Verfahren
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Grundsätzlicher Verzicht auf Kahlschläge und eine ganzflächige maschinelle Bodenbearbeitung auf Verjüngungsflächen einschließlich Mulchen.
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Holzernte und Pflege
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Brut- und Setzzeit
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Holzentnahmen und Pflegemaßnahmen berücksichtigen in besonderer Weise den Schutz von Säugetieren und Vögeln in der Brut- und Setzzeit.
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Verjüngungsverfahren
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Die Neubestockung erfolgt bevorzugt durch Naturverjüngung, sofern sie unter Berücksichtigung des Klimawandels auch zukünftig standortsgemäß ist und nicht andere Schutz- und Entwicklungsfunktionen des Waldes entgegenstehen.
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Moorrenaturierung
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Entwässerungen in Waldmooren werden unterlassen und sind im Wald nur periodisch in zu verjüngenden Beständen zulässig, um die Etablierung des Nachwuchses zu sichern. Der Rückbau von Gräben und die Wiedervernässung von Mooren werden durch besondere Förderung des Landes oder durch Dritte finanziert.
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Sonder-standorte
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Für den Naturschutz wertvolle Offenlandlebensräume im Wald wie Moore, Heiden, Trockenrasen oder Gewässer sowie strukturreiche Waldinnen- und -außenränder werden durch besondere Förderung des Landes oder durch Dritte erhalten und entwickelt.
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Hist. Nutz.-formen
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Historische Waldnutzungsformen wie Hutewälder, Mittelwälder und Niederwälder werden erhalten und gefördert.
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NWE-Konzept
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1 Wildnisgebiet von 1.000 ha im Solling bis 2028 entwickeln
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Tabelle : LÖWE + Konkretisierung der Ziele und Maßnahmen auf dem „Niedersächsischen Weg“ für mehr Natur-, Arten- und Gewässerschutz
LÖWE + verstärkt in der erweiterten Form noch einmal die Anstrengungen, welche die NLF für den Artenschutz und den Erhalt der Biodiversität unternehmen. Dies hat für die Landesforsten erhebliche ökonomische Auswirkungen. Deshalb haben sich die Unterzeichner der Vereinbarung darauf verständigt, dass alle durch die Landesforsten zusätzlich zu erbringenden Ökosystemleistungen fair aus dem Landeshaushalt oder durch Dritte zu honorieren sind.
Jeder kann sich beteiligen
Und der Privat- und Genossenschaftswald? Ist er ebenfalls Gegenstand des „Niedersächsischen Weges“? Die Antwort lautet ganz klar: Nein! In die Bewirtschaftung des Privat- und Genossenschaftswaldes greift der vereinbarte Ziel- und Maßnahmenkatalog nicht ein. Eine Ausnahme gilt lediglich für die Förderpolitik des Landes. Denn zukünftig werden grundsätzlich nur standortgemäße, europäische Baumarten gefördert. Allerdings wird auch weiterhin in Anpassung an den Klimawandel ein breites Baumartenspektrum gefördert, sofern die Nordwestdeutsche forstliche Versuchsanstalt zu einer von diesem Grundsatz abweichenden Einschätzung gelangt. Dabei finden Anforderungen an die Baumarten im Hinblick u.a. auf Standortgerechtigkeit, CO2-Speicherfähigkeit und Wuchsleistung besondere Berücksichtigung. Darüber hinaus sind die privaten Wälder nicht Gegenstand des „Niedersächsischen Weges“. Aber natürlich hoffen die Unterzeichner darauf, dass die Bewirtschaftung des Landeswaldes auf ökologischer Grundlage auch auf die übrigen Waldflächen ausstrahlt. Jeder Waldbesitzende kann sich mit auf den Weg machen.
Weiterführende Informationen
Mit dem „Niedersächsischen Weg“ sind wichtige Weichenstellungen für die Landwirtschaft, aber auch die Niedersächsischen Landesforsten und damit einen wesentlichen Teil des niedersächsischen Waldes vorgenommen worden – für mehr Natur-, Arten- und Gewässerschutz. Fragen & Antworten zum „Niedersächsischen Weg“ finden Sie auf unserer Homepage www.ml.niedersachsen.de
Hören Sie sich auch gerne den ML-Podcast an: „Was ist der Niedersächsische Weg?“